Ein weiterer Schritt weg vom Bargeld?

Dass die Deutschen mehr als andere Völker am Bargeld hängen, ist kein Geheimnis. Aus vielerlei Gründen wollen die Deutschen nicht darauf verzichten, ihre Geschäfte möglichst in bar zu tätigen. Besonders wichtig scheint ihnen zu sein, dass man Bargeldzahlungen nicht richtig verfolgen kann. Wer mit Kreditkarte oder EC Karte zahlt, ist inzwischen ein offenes Buch für alle möglichen Marktteilnehmer und notfalls auch für Strafverfolgungsbehörden.

Wenn Corona einmal vorbei ist, wird man sehen, ob sich die Liebe zum Bargeld vielleicht doch abgekühlt hat. Schließlich steht an jeder Supermarktkasse geschrieben, man möge möglichst mit Karte zahlen. Und inzwischen tun das auch sehr viel mehr Kunden als früher.

Da ist ein Streit interessant, der sich um die Frage dreht, ob die Rundfunkgebühren unbedingt überwiesen werden müssen, oder ob der Beitragzahler nicht darauf bestehen kann, seinen Rundfunkbeitrag bar einzuzahlen.

Der Fall: Zwei Rundfunkhörer in Hessen bestanden darauf, ihren Rundfunkbeitrag bar zu entrichten. Das lehnte der Hessische Rundfunk ab und verwies auf seine Satzung, die so etwas ausschließt. Man wählte den Rechtsweg und ging bis zum Bundesverwaltungsgericht. Dessen Richter sagten zunächst, dass der Ausschluss von Barzahlungen in der Satzung des Hessischen Rundfunks gegen Bundesrecht verstoße. Denn im Gesetz über die Deutsche Bundesbank stehe zu lesen, dass auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel seien.

Offensichtlich hegten die hohen Richter aber Zweifel, ob diese Auffassung auch aus EU-Sicht Bestand hat. Denn, so die Überlegung, die einschlägige Bestimmung im Gesetz über die Deutsche Bundesbank könnte im Widerspruch stehen zu der ausschließlichen Zuständigkeit der EU für den Bereich der Währungspolitik. Noch eine Frage bewegte die Richter, nämlich ob der Status der Euro-Banknoten als gesetzliche Zahlungsmittel es den öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten verbiete, die Barzahlungsmöglichkeit bei der Erfüllung von öffentlich auferlegte Geldleistungspflichten auszuschließen.

Schwierige Fragen. Also legt man sie dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor.
Auch die Luxemburger Richter oder Richterinnen kamen ins Grübeln. Schließlich ist der Euro ein gesetzliches Zahlungsmittel. Es dürfte also nicht abgelehnt werden, wenn jemand eine auf diese Währungseinheit lautende Schuld auch mit dem Euro begleichen will.

Und: Nur die EU ist zuständig für die Entscheidung der Frage, welchen Status EU-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel haben sollen. Aber die Union müsse nicht alles genau festlegen. Die Zahlung in bar müsse nur – so die Formulierung im Urteil – „in der Regel“ möglich sein. Der EuGH stellte fest, dass die Mitgliedstaaten ihre Behörden zwar verpflichten können, Barzahlungen anzunehmen. Aus Gründen des öffentlichen Interesses könnten solche Verpflichtungen aber auch eingeschränkt werden. Man müsse nur die Verhältnismäßigkeit beachten.

Das Gericht lies auch durchblicken, dass Einschränkungen möglich wären, wenn durch das Kassieren in bar unangemessen hohe Kosten entstünden. Das könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Zahl der Beitragspflichtigen sehr hoch ist – und das ist bei den Rundfunkgebühren wohl gegeben, könnte man aus dem Hinweis herauslesen.

Jetzt ist wieder das Bundesverwaltungsgericht am Zug.

Was weder aus den Äußerungen des Bundesverwaltungsgerichts noch aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs herauszulesen ist: Sollte die Bargeldpflicht bezogen auf die Rundfunkgebühren tatsächlich gelockert werden, dann würden die Anhänger der Münzen und Banknoten einen weiteren Dämpfer erhalten.

(Urteil des EuGH vom 26.1.2021, Az. C – 422, und C – 423/19)

Stand: Februar 2021
(Verfasst für Elite-Brief)