Die Entstehung einer Erbengemeinschaft sollte verhindert werden

Wer einmal am Sonntagmorgen, wenn es noch ruhig ist, mit offenen Augen durch seine Stadt stromert – der entdeckt selbst in einem dicht besiedelten Viertel gelegentlich eine Brachfläche, die vielleicht gerade mal als Parkplatz genutzt wird. Oder da steht zwischen lauter hohen Häusern unvermittelt eine bessere Baracke, nur Erdgeschoss, kein Keller.

Die Antwort auf die Frage nach dieser sinnlosen Vergeudung wertvoller Quadratmeter Grund: Das gehört einer Erbengemeinschaft. Eine Erbengemeinschaft, die sich seit Jahrzehnten nicht einigen kann über die Nutzung dieses Grundstücks.

Zweite Antwort: Da hat einer nicht aufgepasst, nämlich der ehemalige Eigentümer dieses Grundstücks. Er hat entweder kein Testament gemacht oder ein falsches. Damit hat er einen Jahrzehnte dauernden Streit zwischen seinen Erben losgetreten. Familien, die sich bis zum Tod des Alten ganz gut verstanden haben, liegen sich nun über Jahrzehnte in den Haaren.

Also: Wenn es nur halbwegs etwas zu vererben gibt, dann sollte man flugs zur Feder greifen und ein Testament verfassen, das im Fall des eigenen Todes für Klarheit und Frieden in der Familie sorgt. Und in dem genau gesagt wird, wer was erbt und in dem die Bildung einer Erbengemeinschaft verhindert wird.

Denn: Verstirbt beispielsweise der Vater einer mehrköpfigen Familie, ohne dass er ein Testament hinterlässt, dann bilden seine Ehefrau und die Kinder eine solche Erbengemeinschaft. Und es ist nicht der seltenste Fall, dass nun die Kinder auf die Mutter losgehen oder dass auch nur eine Person in dieser Gemeinschaft unbelehrbar ist und, von Gier zerfressen, den Familienfrieden zerstört.
Sind die Kinder dann auch noch minderjährig, dann holt sich die Witwe in dieser ohnehin schon misslichen Situation auch noch einen Fremden ins Haus, den Ergänzungspfleger. Die Mutter darf nämlich nicht alleine über das wirtschaftliche Schicksal des Erbes für die Kinder entscheiden. Das Amtsgericht wird ihr beziehungsweise den Kindern einen Ergänzungspfleger zu Seite stellen. Der muss dann die Entscheidung, beispielsweise das Haus zu verkaufen, bezogen auf die Rechte der Minderjährigen mit absegnen.

Da hört man dann schon die besonders Klugen das Stichwort „Berliner Testament!“ rufen. Da kann man nur antworten: Vorsicht! Beim Berliner Testament setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Erben ein. Die Nachteile sind nicht unbedingt erbrechtlicher Natur, wohl aber erbschaftsteuerlich. Übersteigt das Vermögen des Verstorbenen den steuerlichen Freibetrag, dann passiert es, dass am Ende doppelt versteuert werden muss: Erst versteuert der hinterbliebenen Ehegatte das Erbe, und wenn er verstirbt, zahlen die Kinder noch einmal. Und der Freibetrag ist heutzutage schnell übersprungen: Er beträgt für Ehegatten 500.000 EUR und für die Kinder 400.000 EUR. Hier kann man sich gelegentlich dadurch helfen, dass man die Kinder zwar nicht zu Erben erklärt, sie aber mit einem Vermächtnis versieht. So erhalten die Kinder schon beim Tod des ersten Elternteils etwas und werden den Rest des Vermögens nach dem Tod des zweiten Elternteils erhalten.

Diese Variante ist auch deshalb zu empfehlen, weil sie durch diese spezielle Zuwendung für Frieden sorgt.

Das Berliner Testament ist nämlich auch deshalb gefährlich, weil die Kinder, wenn sie sich in der Situation wie oben beschrieben wiederfinden, praktisch enterbt werden. Sie ziehen sich dann in den Schmollwinkel zurück und wenden sich gegen den überlebenden Elternteil. Hier gehört Psychologie mit ins Kalkül: Eltern, die ein Berliner Testament verfassen, mit der Maßgabe, dass die Kinder, die beim Tod des Erstverstorbenen den Pflichtteil verlangen, auch beim Tod des zweiten Elternteils auf den Pflichtteil gesetzt werden – wer dies so regelt, sollte unbedingt die Kinder bei der Abfassung des Testaments mit einbeziehen. Nur so werden die Kinder diese Lösung akzeptieren.

Wie wäre es mit Schenkungen zu Lebzeiten?

„Mit warmer Hand“ den Familienmitgliedern Gutes tun, also, solange man lebt. Die Idee ist sicher nicht schlecht. Hier können alle zehn Jahre Geschenke verteilt werden, ohne dass was an die Steuer geht. Aber Vorsicht: Wer im Zusammenhang mit der Verteilung von Vermögen nur an Steuervermeidung denkt, der ist ganz schlecht beraten. Und wer sich zu Lebzeiten arm schenkt, hat womöglich nichts mehr fürs Alter. Ob die zukünftigen Erben sich dann seiner erbarmen? Die Lebenserfahrung zeigt: Eher nicht.

Gilt immer deutsches Recht zur Auslegung des Testaments?

Klar, jeder glaubt: Schreibt ein Deutscher ein Testament, wird deutsches Recht zu seiner Auslegung angewendet. Schreibt ein Spanier, ein Testament, wird spanisches Recht gelten. Weit gefehlt!
Die Deutschen sind inzwischen ein mobiles Volk und alle anderen Europäer auch. Wer innerhalb der EU, als Deutscher beispielsweise, seinen Lebensabend auf Gran Canaria verbringt, für dessen Nachlass gilt spanisches Recht. Umgekehrt würde ein Spanier, der seine letzten Jahre in Deutschland zugebracht hat, ohne entsprechende Regelung damit rechnen müssen, dass sein Erbe nach deutschem Recht abgewickelt wird. Hier kann man helfen, indem man in das Testament eine Klausel aufnimmt, dass deutsches Recht gelten soll, auch dann, wenn der Erblasser die letzten Jahre seines Lebens nicht in Deutschland gelebt hat.

Stand: Juli 2023
(verfasst für Elite-Brief)