Den Pflichtteilsberechtigten aushebeln? Vorsicht!

Ein beliebter Trick, einen störenden Pflichtteilsberechtigten ganz auszuschalten, ist folgender:

Der Erblasser macht mit denjenigen Personen, die seine Vermögenswerte erhalten sollen, einen Vertrag. Er gründet mit ihnen eine Personengesellschaft und bringt das Vermögen, das vererbt werden soll, dort ein. Wenn nun der Erblasser durch Tod aus der Gesellschaft ausscheidet, wächst den anderen Gesellschaftern die Beteiligung des Ausgeschiedenen zu. Zwar ist es so, dass den Erben (also hier demjenigen, der auf den Pflichtteil gesetzt wurde) ein Abfindungsausgleich zusteht. Aber just in dem Fall des Ausscheidens durch Tod, kann dieser Abfindungsanspruch im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden.

Der Erblasser hat allerdings sein Ziel, einen gesetzlichen Erben auch als Pflichtteilsberechtigten auszuschließen, noch nicht sicher erreicht. Denn dieser könnte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch haben. Das wäre dann der Fall, wenn der Erblasser sein Vermögen Dritten als Schenkung zugewendet hat. Dann kann der Pflichtteilsberechtigte einen entsprechenden Ausgleich verlangen, sodaß das verschenkte Vermögen dem Nachlass hinzugerechnet wird.

Es kommt also darauf an, ob die Einbringung von Vermögen in eine Gesellschaft unter Ausschluss des Abfindungsanspruchs eine Schenkung darstellt. Das ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der Ausschluss der Abfindung dazu dienen sollte, dass das Unternehmen, das die Gesellschaft darstellt, beim Tod eines Gesellschafters erhalten bleibt und die Fortführung des Unternehmens durch die verbleibenden Gesellschafter nicht durch die Notwendigkeit der Abfindungszahlung und also durch den damit verbundenen Liquiditätsverlust erschwert wird.

Der Erblasser erreicht – so eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Juni 2020 – sein Ziel der Ausschaltung des Pflichtteilsberechtigten dann nicht, wenn nicht die Fortführung des Unternehmens bei dieser Konstruktion im Vordergrund steht, sondern primär die Vereitelung des Pflichtteilsrechts. Und das ist dann zu unterstellen, wenn der überlebende Mitgesellschafter für die Übernahme der Beteiligung keine Gegenleistung durch Arbeitsleistung oder Übernahme eines Haftungsrisikos erbringt und die abfindungsfreie Anwachsung der Gesellschaftsanteile das Ziel der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung war und wenn der Verstorbene den überlebenden Gesellschafter gleichzeitig zu seinem Alleinerben eingesetzt hat und ein enges Verwandtschaftsverhältnis zu ihm besteht.

Moral: Es darf sich für ein Gericht nicht aufdrängen, dass der Erblasser just den Pflichtteilsberechtigten aus seiner Position durch die gewählte Konstruktion völlig hinausdrängen wollte.

(BGH, Urteil vom 3.6.2020 – IV ZR 16/19)

Stand: September 2020

Verfasst für Elitebrief