Wenn der Erbe nicht mehr geschäftsfähig ist

Wenn es nicht so makaber klänge, könnte man sagen: Ein Fall mitten aus dem Leben. Da stirbt ein Mann in seinem Pflegeheim. Die Ehefrau und Erbin ist aber auch schon hoch betagt und leidet an einer Parkinson-Demenz. Der Arzt sagt: Sie ist nicht mehr geschäftsfähig.

Da stellte sich die Frage, woher bekommt man einen Erbschein für die Ehefrau? Da sind die Herrschaften vom Betreuungsgericht stets flink mit einer Antwort zur Hand: „Dann bestellen wir doch einen Betreuer.“ Und wenn keiner aufpasst, ist das dann irgendein Fremder, der nun ein Wörtchen mitreden kann, wenn Entscheidungen zum Nachlass zu treffen sind.

Klar, dass das nicht jedem in der Familie behagt. Dann hat aber jemand eine Idee: Die kranke Mutter hat doch eine Vorsorgevollmacht erteilt, und zwar ihrer Tochter. Diese Vollmacht holt die Tochter nun aus dem Schrank und erscheint beim Nachlassgericht. Sie verlangt einen Erbschein für die Mutter und gibt die nötige eidesstattliche Versicherung ab.

Das wollte die Rechtspflegerin dort nicht gelten lassen. Sie vertrat den Standpunkt, dass eine Stellvertretung bei der Antragstellung eines Erbscheins nicht zulässig sei und die Tochter auch nicht für ihre Mutter die Richtigkeit ihrer Angaben an Eides Statt versichern könne. Dazu müsse eigens ein Betreuer ernannt werden.

Die Tochter wollte sich das nicht gefallen lassen und zog vor Gericht. Das Verfahren landete schließlich beim Oberlandesgericht Bremen. Dieses schrieb dem Nachlassgericht ins Stammbuch, dass sich ein Antragsteller für einen Erbschein im Erbscheinverfahren auch vertreten lassen kann. Und zwar nicht nur durch einen Rechtsanwalt, sondern auch durch andere Personen wie zum Beispiel eine volljährige Familienangehörige. Bezüglich des Nachlasses muss diese Person eine schriftliche Vollmacht vorlegen. Diese muss nicht einmal eigenhändig geschrieben oder notariell beurkundet sein. Vielmehr genügt eine ausgedruckte Fassung, wenn sie nur eigenhändig unterzeichnet ist.

Und das bedeutet weiter: Wer die Erklärung nicht eigenständig abgeben kann, etwa weil er geschäftsunfähig ist, kann die Erklärung, dass alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen erteilt wurden, durch einen vom Gericht bestellten Betreuer abgeben lassen. Die Richter schlossen sich hier aber der Ansicht an, wonach ein Vorsorgebevollmächtigter einem Betreuer gleichgesteht. Er kann die eidesstattliche Versicherung für den Antragsteller abgeben – so also das Oberlandesgericht Bremen in einem Beschluss vom 14.09.2021 (5 W 27/21) – mitgeteilt durch die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltsvereins.

(Verfasst für EliteBrief – Stand Februar 2022)